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1. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 61

1867 - Rostock : Hirsch
61 die Glocken erfunden und sogleich zum kirchlichen Gebrauch verwandt. Damit ihr Schall weithin zu hören sei, wurden Thürme an die Kirchen gebaut und die Glocken hineingehängt, daß sie von oben herab der Gemeinde zurufen sollten: „Kommet, denn es ist alles bereit." Als Gesänge dienten die Psalmen und Loblieder der Bibel. Eigene Ge- sänge zu dichten, galt anfangs für ungeziemend und unwürdig. Nur die Heiligen wagte man mit selbstgedichteten Liedern zu preisen, weil die Bibel derartige Lieder, wie sie für diesen Zweck gesucht wurden, nicht enthielt. Auf solche Weise aber gewöhnten sich die Christen daran, noch andre Lieder als die Psalmen der Bibel bei ihren Gottesdiensten zu singen, so daß man bald auch Lieder zu Ehren des großen Gottes dichtete. Manch köstliches Lied ist damals gesungen worden. Viele unsrer schönsten Gesänge, z. B. „Allein Gott in der Höh sei Ehr", „O Lamm Gottes unschuldig", „Herr Gott, dich loben wir" und andere sind alte lateinische Gesänge gewesen und später nur ins Deutsche übertragen. 8. Wie die Christen mit Ernst auf Zucht und gute Ordnung gehalten haben. Die Gemeinde des Herrn soll nicht Flecken oder Runzeln haben, sondern herrlich, heilig und unsträflich sein, weil Christus sich selbst für sie gegeben und sie gereinigt hat. Also lautet der Wille Gottes an sein Volk. Diesem Willen Gottes geniäß trachteten die Christen mit großem Ernst dahin, Zucht und Ordnung aufrecht zu halten und die Sünde aus ihrer Mitte zu entfer- nen. Alle, welche beharrlich irrige Lehre vortrugen oder durch grobe Sün- den das Taufgelübde gebrochen hatten, wurden von der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen und nicht eher wieder aufgenommen, als bis sie ein öf- fentliches Bekenntniß ihrer Sünden abgelegt und durch ihren Wandel bewie- sen hatten, daß es ihnen mit ihrer Buße ein rechter Ernst war. Hierfür nur ein Beispiel. Unter dem Kaiser Theodosius war in Thessa- lonich ein Aufstand ausgebrochen, und mehrere kaiserliche Beamte waren da- bei getödtet worden. Da das dem Kaiser angesagt ward, wurde er sehr zor- nig und gab Befehl, die Stadt ans das härteste zu strafen. Doch der Bi- schof Ambrosius trat zu ihm und sprach: „Riein Herr und mein Kaiser, ver- gieb dem Volke und tobte nicht die Gerechten mit den Gottlosen!" — und der Kaiser verzieh den Aufrührern. Doch als seine Räthe ihm nachher vor- stellten , daß solch eine Übelthat ernste Strafe verdiene, gab er wiederunl Befehl, daß das Kriegsvolk über die Thessalonicher herfiel und sie züchtigte, und es wurden 7000 Menschen vom Schwerte erwürgt. Ambrosius schrieb darüber an den Kaiser ehrerbietig, aber ernst, hielt ihm sein Unrecht vor und erinnerte ihn des Wortes: „Die Rache ist mein, spricht der Herr, ich will vergelten." Der Kaiser aber antwortete ihm kein Wort. Am nächsten Sonntage wollte der Kaiser mit seinem ganzen Gefolge zur Kirche gehen und mit der Gemeinde das Abendmahl feiern. Da trat ihm an der Schwelle des Gotteshauses Ambrosius entgegen, hielt ihn zurück und sprach: „Du

2. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 63

1867 - Rostock : Hirsch
63 eifrig und ungestört nach der wahren Religion zu forschen. Meh- rere Jahre vergingen in solcher Weise; da kehrte Muhammed eines Tages wieder und erklärte, daß er von dem Engel Gabriel die Offenbarung erhalten habe, er solle den alten Glauben des Erz- vaters Abraham wiederherstellen. Er predigte: „Es ist nur ein Gott, Allah, und Muhammed ist sein größter Prophet; Moses und Christus sind auch Propheten gewesen, aber kleiner, als ich; denn ich bin der Tröster, den Christus verheißen hat." So stellte sich der verblendete Mensch über den eingebornen Sohn Gottes. Von einer Taube ließ er sich Erbsen aus seinem Ohr fressen und sagte, sie bringe ihm Botschaft vom Himmel. Auch behauptete er, über Nacht reite er öfter aus einem weißen Rosse in den Himmel, um mit Gott zu reden. Wenn er Anfälle von der Fallsucht bekam, an der.er litt, so gab er vor, Gott rufe seine Seele in den Him- mel, um ihm etwas Neues zu offenbaren. Anfangs fand er wenig Glauben; denn außer seinen Haus- genossen wollte ihn fast niemand sür einen Propheten gelten lassen. Und als endlich die Zahl seiner Anhänger sich mehrte, erhoben sich seine eigenen Stammesgenossen gegen ihn und nöthigten ihn, aus Mekka zu fliehen, im Juli 622. Von dem Tage dieser Flucht (Hedschra) zählen die Muhammedaner ihre Jahre. Sie war auch der Ansang seines Sieges; denn nun mehrten sich seine Anhänger reißend schnell. Nach wenigen Jahren war Muhammed so stark, daß er zurückkehren und Mekka wieder erobern konnte. Von da an war er das anerkannte weltliche und geistliche Oberhaupt seiner Gemeinde. Abermals vergingen wenige Jahre, da war Muham- med Herr über ganz Arabien geworden. Was ihm so großen Zulaus verschaffte, war theils seine Lehre selbst, theils die Weise, wie er sie ausbreitete. Seine Lehre war ganz so, daß sie dem natürlichen Menschen Wohlgefallen konnte. Sie deckte das sündliche Verderben im Innern des Herzens nicht aus, sondern suchte nur durch eine schöne äußerliche Zucht das Le- den von offenbaren groben Sünden rein zu halten und behauptete, der Mensch müßte sich durch seine Tugenden die Seligkeit verdienen. Täglich sollte der Gläubige oder Moslem fünfmal beten, das Ge- sicht nach Mekka gekehrt. Schweinefleisch sollte er nicht essen. Wein nicht trinken; dagegen könne er mehrere Frauen nehmen, wie Muhammed selbst deren 22 gehabt hat. Wenigstens einmal in seinem Leben sollte jeder eine Wallfahrt nach der heiligen Stadt Mekka machen. Beten führte ans halbem Wege zu Gott, Fasten brächte an den Eingang des Himmels, Almosen eröffneten

3. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 65

1867 - Rostock : Hirsch
65 sich mit ihren zahllosen Heeren vor Wien. Die Christenheit fing an zu zit- tern. Täglich wurde beim Schall der Betglocke in allen deutschen Ländern die Hülsedes barmherzigen Gottes angerufen, und sonntäglich zählten unsere Väter unter den Übeln, um deren gnädige Abwendung sie Gott in der Li- tanei baten, auch die Türken auf. Denn der Türke war ein schrecklicher Feind, der kein Erbarmen kannte, und dem nichts heilig war. Was den Türken unter die Hände kam, das verwüsteten sie mit roher, thierischer Lust. Die Menschen aber schlugen sie mit der Schürfe des Schwertes oder schlepp- ten sie fort in schmachvolle Sklaverei. Vor „der Türken Mord" gabs nur eine Rettung: Christum zu verleugnen und sich zum Glauben Muhammeds zu bekennen. Im Laufe der Jahre hat Gott die Macht der Türken gebrochen, daß die christlichen Völker Europas nicht mehr vor ihr zu zittern brauchen. Aber ein „Zeichen" bleibt es immer, daß das heilige Land der Christenheit bis zu dieser Stunde den Türken gehört, und daß dort, wo Christus und seine Apostel gewandelt haben, der falsche Prophet jetzt die Herrschaft führt. 10. Wie das Christenthum in Deutschland gepflanzt ist. Die erste Arbeit. Was die Kirche im Morgenlande verlor, gewann sie im Abendlande wieder. Als bereits im Süden und Westen von Europa das Wort des Lebens gepredigt war und sichtlich angefangen hatte, Frucht zu bringen, lag unser deutsches Vaterland noch in Finsterniß und Todesschatten und hatte kein Wort davon vernommen, daß das Licht in die Welt gekommen ist, das alle Menschen erleuchten soll. Da schlug endlich auch Deutschlands Stunde. Mönche aus den irländischen und englischen Klöstern trugen die erste Kunde von der Barmherzigkeit Gottes in die Wälder Deutschlands. C o lum b an und Gallus, zwei Irländer von vornehmer Herkunft, machten sich mit mehreren jungen Leuten auf, dem Herrn unter den Heiden in Deutschland zu dienen. In einem öden Felsenthale des Elsasses ließen sie sich nieder und wirkten dort unter solcher Noth und Entbehrung, daß sie oft nichts als Wurzeln und Baumrinde fanden, ihren Hunger zu stillen. Von hier vertrieben, trennten sich beide. Columban zog weiter nach Oberitalien; Gallus aber ging den Rhein in die Höhe und schlug in einer wilden Einöde der himmelhohen Schweizerberge seine Hütte auf, um von da aus das Evau- gelium in den umliegenden Ländern zu verkündigen. Gott segnete die Arbeit seines treuen Knechtes, daß viele kamen und das Wort aufnahmen mit Freu- den. Die Bekehrten siedelten sich um seine Hütte an und legten den Grund zu Stadt und Kloster St. Gallen. Nach einem bewegten, mühevollen, aber in der Liebe Christi reichen Leben ging Gallus am 16. Oktober 640 zu seines Herrn Ruhe ein. Sein Tag ist ein wohlbekanntes Zeichen in unserm Kalender. Andere Glaubensboten arbeiteten in Süd- und Mitteldeutschland und wirkten zur Ehre Gottes unter unsern heidnischen Vorfahren. Sie alle ha- o

4. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 68

1867 - Rostock : Hirsch
08 einander hatten. Erst dadurch, daß alle verschiedenen Stämme unter eine und dieselbe kirchliche Ordnung traten, wurden sie eng mit einander verbunden mtb wuchsen heran zu dem großen, mäch- tigen deutschen Volke. Winfrieds Ende. In seinen alten Tagen hätte Bonifacius wohl mögen Ruhe haben; aber er gedachte an den Wunsch seiner Jugend, den Friesen das Evangelium zu predigen. So legte er denn sein Bischofsamt nieder, bestimmte seinen treuen Mitarbeiter Lullus zu seinem Nach- folger, sorgte für die Zukunft seiner Jünger und Mitarbeiter und versammelte noch einmal etliche seiner Freunde und Genossen um sich mtb sprach zu ihnen: „Liebe Brüder, lasset uns noch einmal hin- ausziehen zu den: Volke der Friesen, ob wir noch unter ihnen eine Frucht haben möchten, ihre Seelen zu gewinnen und zu erretten von der Finsterniß zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott!" Begleitet von 52 Männern reiste er nach Friesland ab und wirkte dort etliche Zeit in großem Segen. Seine Erfolge er- regten indes den Haß der Heiden, daß sich ihrer viele verschworen, den Feind ihrer Götter zu ermorden. Bonifacius hatte auf das Fest der Pfingsten, den 5. Juni 755, die Menge der Neugetauften nach Dokkum in Nord-Friesland, wo er seine Zelte aufgeschlagen hatte, beschieden, um sie dort durch Handauflegnng zu confirmiren. Aber statt ihrer erschienen in der Frühe des Morgens seine Feinde, mit Lanzen und Schwertern und Schilden bewaffnet. Seine Diener eilten in ihre Zelte, ihre Waffen zu holen, und schickten sich zur Gegenwehr an; aber Bonifacius wehrte ihnen und sprach: „Liebe Brüder, hebet nicht den Arm auf wider sie! Meinet ihr, daß der Herr uns nicht erretten könnte aus der Hand dieser Feinde, wenn es also bei ihm beschlossen wäre? Ist aber die Stunde gekommen, daß wir um seines Namens willen nufer Leben lassen sollen, wohlan, so wollen wir seinem Rufe nicht widerstreben. Sein Wille geschehe!" Darnach wandte er sich zu den Priestern und sprach: „Unser Herr Christus spricht: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib tobten, aber die Seele nicht können tobten! Seid getreu bis in den Tod, auf daß euch droben die Krone der Gerechtigkeit beigelegt werde!" Und als er das gesagt hatte, trat er, das Evangelienbuch in der Hand, den Heiden entgegen und empfing betend den Todesstreich, 75 Jahre alt. Seine Leiche wurde nach seinem eignen letzten Willen nach Fulda, dem bedeutendsten der von ihm gegründeten Klöster, gebracht und

5. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 69

1867 - Rostock : Hirsch
69 unter großem Geleite beigesetzt. Also ist Bonifacius gestorben, der treue Knecht Gottes, der in unserm Gedächtnisse oben an stehen sollte, wenn wir Gott danken, daß wir Deutsche und Christen sind. Das Gedächtniß seines Todestages bewahrt der Kalender uns auf. Gott, Eltern und Lehrern kann man nimmer genug danken. Die flsekeliriiug der Sachsen. Im nordwestlichen Deutschland, von Holstein bis ins Thüringische hinein, labte ein Volk, die Sachsen genannt, welches bisher von dem Christenthum noch nichts hatte wissen wollen. Sie waren gewaltthätige Leute und machten in althergebrachter Weise beständig Raubzüge in die umliegenden Länder. Was sie fortschaffen konnten , schleppten sie mit fort. Von den Gefangenen schlachteten sie einige als Opfer für die Götter, die andern führten sie in eine schwere, drückende Sklaverei. Ihre Raubzüge wurden insonderheit ihren westlichen Nachbarn, den Franken, so unerträglich, dass deren König Karl, um seine eigenen Unterthanen zu schützen , einen Kriegszug gegen die Sachsen unternahm. Mit wohl- geübten Heeren rückte er ein und schlug die Feinde in mehreren grossen Schlachten. Weil er wohl wusste , dass die Roheit nicht mit dem Schwerte , sondern mit dem Worte Gottes gebrochen wird , so nahm er Priester und Missionare mit , welche das Volk belehren und ihm milde Sitten bringen sollten. Aber kaum war Karl mit seinem Heere abgezo- gen , so standen die Sachsen wieder auf, ermordeten die Priester und fielen raubend in das Land der Franken ein. Karl eilte schnell herbei und unterwarf die Sachsen von neuem. Aber dreissig Jahre wiederholten sich diese Auftritte. Die Sachsen kämpften für ihre Freiheit und ihre Götter gegen ihre Unterdrücker; die Franken kämpften für Christi Reich gegen Barbarei und Menschenopfer. Auf beiden Seiten nahm die Erbit- terung von Jahr zu Jahr zu und rief schreckliche Grausamkeiten hervor. Die Sachsen opferten die gefangenen Franken den Göttern; die Franken nahmen für ihre geschlachteten Brüder blutige Rache an den gefangenen Sachsen. Endlich wurden die Sachsen gänzlich unterworfen und mit Gewalt zur Taufe getrieben. Lange hatten sie sich gewehrt. Nachdem sie aber in Christo den Herzog ihrer Seligkeit gefunden hatten, dienten sie ihm bald eben so herzlich, so innig, so treu, wie nur irgend ein andrer deutscher Stamm. Ii. Wie Mecklenburg ein christliches Lund geworden ist. Die Wenden und ihre Götzen. Von allen Ländern Deutschlands ist Mecklenburg zuletzt eilt christliches Land geworden. In der Zeit, in welcher wir die erste Kunde von unserm Vaterlande erhalten, wohnte hier ein nichtdentsches, ein slavisches Volk,

6. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 72

1867 - Rostock : Hirsch
72 hört hatte. Sein Gewissen wachte auf. Mit Enlsetzen sah er in sei- nen eigenen Werken, dass des Menschen Zorn nicht thut, was vor Gott recht ist. In seiner Unruhe ritt er oft weit ins Feld hinein, um von allein Kriegsgetöse fern zu sein. Bei einer solchen Gele- genheit traf er einst einen Christen , der ihn nicht kannte, und liess sich mit ihm in ein Gespräch ein. Von diesem hörte er, dass sein Name mit Fluch bedeckt sei, und dass täglich Tausende von Christen wider den abtrünnigen König der Wenden zum Himmel schrieen. Dies war der letzte Schlag, den Gott gegen sein Herz führte. Gottschalk machte Frieden und kehrte heim. Aber um seine Herrschaft war es geschehen! Die Wenden wollten nicht einem Könige Unterthan sein, der sich mit den Christen vereinigt hatte. Gottschalk floh zu dem Könige von Dänemark und nahm Dienste im dänischen Kriegsheere. Nachdem er in mehreren Schlachten sich Ruhm erworben , kehrte er nach Mecklenburg zu- rück und wurde mit Hülfe der Dänen und Sachsen auf den Thron seiner Väter erhoben. Bis an sein Ende strebte er mit unge- schwächtem Eifer , seinem Volke den Segen des Evangeliums zu bringen. Er baute Kirchen, setzte Priester ein, sandte Missionare durch das Land und schämte sich nicht, selbst das Wort zu ergrei- fen und den Heiden das Evangelium zu predigen. Die deutsche Christenheit blickte voll Hoffnung auf Mecklenburg , wo das Wort Gottes endlich anfing, Frucht zu bringen in Geduld. Abfall. Der Segen , den Gott unserm Lande zugedacht hatte, wurde aber- mals durch die Sünde der Menschen zu nichte gemacht. Die Habsucht und Grausamkeit der Sachsen dauerte fort und steigerte fortwährend den Hass und die Erbitterung der Wenden , so dass man nur noch auf eine günstige Gelegenheit wartete, das verhasste Joch wieder abzuschütteln. Diese schien gekommen, als der gefürchtete Sachsenherzog Bernhard ge- storben war , c\gr sie bisher in Zaum gehalten hatte. Bald darauf, im Jahre 1066, brach der Aufstand im ganzen Wendenlande los. Gottschalk wurde von seinem eigenen Volke ermordet, die gefangenen Christen aber unter fürchterlichen Martern den Göttern geopfert. Scheussliche Greuel wurden überall von den Heiden verübt, Märtyrerblut in Strömen vergossen. Unter andern hervorragenden Personen fiel den Wenden der Abt im Kloster Ratzeburg, Ansverus, in die Hände , ein Mann , von dem seine Zeitgenossen sagten, dass er im Glauben dem Abraham, in der Hoffnung dem Simeon, in der Liebe dem Herrn Christo selber nachfolge. Am 15. Juli wurde er mit allen acht und zwanzig Brüdern gefangen ge- nommen und auf der Höhe am See gesteinigt. Die Stätte , an welchen

7. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 73

1867 - Rostock : Hirsch
73 er Gott durch seinen Tod pries , ist noch heute durch ein steinernes Kreuz bezeichnet. Das Christenthum wurde gänzlich ausgerottet, der Götzendienst mit seiner Barbarei wiederhergestellt und Menschenblut wieder auf den Altären der Götzen vergossen. In den folgenden Jahren stärkte sich die Macht der Wenden gar so weit, dass einer ihrer Könige auf kurze Zeit über alle Länder an der Ostsee bis Polen hin gebot. Aber für die Predigt des Evangeliums un- ter ihnen geschah nichts. Als inzwischen auch die Pommern dem Herrn Christo sich zuge- wandt hatten , so dass Mecklenburg ringsum von Bekennern des Kreu- zes umschlossen war, wurden wieder einige Versuche gemacht, in das verödete Wendenland die Botschaft des Friedens zu bringen. Vicelin, Rektor der hohen Schule in Bremen, hörte von dem Jammer, der noch unter den Slaven herrschte, und beschloss, sein Leben daran zu setzen, diesen armen Heiden das Evangelium zu bringen. Er gab seine Stelle auf und ging als Missionar in den Norden. Sein unermüdetes Arbeiten, sein tägliches Beten , sein letztes Seufzen ist gewesen , dass Gott die Thür zu den Wenden aufthun wolle. Aber er hat weiter nichts erreicht, als dass er in Holstein einige Klöster errichtete, aus denen in der Folge Missionare für Mecklenburg hervorgehen sollten. Die Wenden hatten einen so schrecklichen Hass gegen die Sachsen , dass nur das Schwert dem Herrn Christus Bahn brechen konnte. Der Untergang der Wenden. Endlich kam die Zeit Heran, da in unserm Vaterlande das Heidenthum dem Evangelium weichen sollte. Im Jahre 1147 beschlossen die deutschen Fürsten , einen Kreuzzug gegen die Türken zu unternehmen. Die Sachsen hatten nicht Lust mitzuziehen, weil sie in ihrer Nähe noch genug Feinde des Kreuzes hätten. Nach einigen Berathungen einigte man sich dahin, daß die Süddeutscheil gegen die Türken, die Norddeutschen gegen die Wenden ziehen sollten. Demnach rückten die Sachsen in Mecklenburg ein. Sie kamen mit zwei Heeren zugleich. Das eine durchzog unter dem Sachsenherzog H e i n r i ch dem Löwen den Westen des Landes und lagerte sich vor die Burg Dobin am Schweriner See; das andere rückte in das östliche Mecklenburg, zerstörte die Burg Malchow und legte sich vor Demmin. Weder Demmin, uod) Dobin wurden erobert. Aber die Wenden erkannten balo, daß sie auf die Dauer nicht widerstehen konnten. Darum zogen sie es vor, einen Vergleich zu schließen und sich in großer Zahl taufen zu lassen. Die Handlung wurde am Dobiner See, „Döve", später „de Döve" oder „de Döpe" genannt, vorgenommen. Wiederum ließ man die Getauften ohne kirchliche Pflege. Die Wenden waren getauft und zahlten Tribut — damit war alles erreicht, was man nur begehrt hatte. Mecklenburg blieb troß der massenhaften Taufen wie ein heid- nisches Land. Das sollten die Sachsen bald genug gewahr werden. Kaum nämlich sahen die Wenden die Gelegenheit günstig, als sie von neuem los-

8. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 76

1867 - Rostock : Hirsch
76 Stadt, darin ein Apostel selbst gepredigt, galt für zuverlässiger in der Lehre, als der Bischof in einer Stadt, darin nie ein Apostel gewesen war. Beides wirkte zusammen, den Bischof von Rom über alle andern Bischöfe zu er- heben. Rom war die Hauptstadt der Welt und der Ort , wo die beiden großen Apostel Paulus und Petrus den Märtyrertod erduldet hatten. So erkannten die Christen dem Bischöfe von Rom den Vorzug vor allen andern Bischöfen zu, nannten ihn ehrfurchtsvoll den Lehrer der Welt und redeten ihn mit dem ehrenden Namen „papa“, „Vater", „heiliger Vater", an. Aus „papa“ ist das Wort „Papst" geworden. Das Ansehen des Papstes wurde noch gemehrt durch zwei Fabeln, die damals aufkamen und verbreitet wurden. Die erste Fabel war die, daß der Herr Christus den Apostel Petrus vor allen andern Aposteln bevorzugt und insonderheit zu seinem Stellvertreter auf Erden ernannt habe; die andere Fabel sagte aus, daß Petrus der erste Bischof von Rom gewesen sei und sein Amt unverkürzt mit allen Rechten seinen Nachfolgern Übermacht habe. Beide Fabeln wurden willig geglaubt, und nun galt der Papst als das Haupt der Christenheit nach Gottes Recht. Ausgezeichnete Päpste der ersten Zeit thaten aber allen Fleiß, das An- sehen des päpstlichen Stuhles zu befestigen und zu vergrößern, indem sie stets die reine Lehre vertheidigten, unschuldig Verfolgte nach Möglichkeit schützten und wider alle Ungerechtigkeit ohne Menschenfurcht ihre Stimme er- hoben. Bei alle dem aber waren sie in weltlichen Dingen der Macht des Kaisers, als des Herrn von Rom unterworfen. Doch auch dies änderte sich. Kaiser Konstantin hatte dem römischen Bischöfe einen Palast in Rom zur Wohnung geschenkt. Von da an wetteiferten Kaiser und reiche Leute, dem Papste Geschenke zu machen, besonders seit die Gaben an die Kirche zu den Werken gerechnet wurden, welche ein Verdienst vor Gott geben sollten. All- mählich wurde der Papst ein reicher Herr, der in Italien, Frankreich und Deutschland, ja, selbst in Asien und Afrika eine Menge liegender Gründe hatte und der größte Gutsbesitzer im Abendlande war. Ta brach im Jahre 754 aus dem nördlichen Italien das kriegerische Volk der Longobarden gegen Rom vor. Der Papst bat den Frankenherrscher Pipin um Hülfe. Pipin kam, schlug die Longobarden und schenkte das Land, welches er ihnen ab- nahm, dem Papste, dasselbe als weltlicher Fürst zu besitzen. Das war der Anfang des Kirchenstaates. Der Papst war nun beides , das Haupt der abendländischen Christenheit und ein weltlicher Herr, wie die Könige dieser Erde. Auf die ersten großen Päpste, welche ihre Macht gebraucht hatten, die Unschuld zu schützen und die Gottlosigkeit zu strafen und Recht zu üben auf Erden, folgte eine Reihe von Männern, welche es fast darauf angelegt zu ha- den schienen, alles wieder niederzureißen, was ihre Vorgänger aufgebaut hatten. Einige von ihnen waren schwach und konnten nichts ausrichten; die meisten aber waren nichtswürdig und lasterhaft und dabei so schamlos, daß sie es nicht einmal der Mühe werth hielten, ihre Schande zu verbergen. Ein

9. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 79

1867 - Rostock : Hirsch
70 deckten Alpen. An vielen Stellen mußten die Männer auf Händen und Füßen fortkriechen, während die Frauen, in Kuhhäute gewickelt, mit Seilen hinab- gelaffcn wurden. Nach unsäglichen Beschwerden langten sie in Italien an. Heinrich eilte zum Papste, um von dem Banne loszukommen. Im Büßerkleide stand er drei Tage lang auf dem Schloßhofe von Kanossa und bat mit Thränen um Vergebung. Endlich fand er Erhörung. Nachdem er mit vielen Eiden gelobt, künftig nicht wieder Veranlassung zu Klagen zu geben, wurde er vom Banne losgesprochen und eilte vergnügt fort, um — vierzehn Tage darauf seinen Eid zu brechen und von neuem dem Banne zu verfallen. Nun kam es zu einem offenen Kriege. Ein Theil der Deutschen, entrüstet darüber, daß ihr Kaiser sich so schmählich gedemüthigt hatte, verlor die Ach- tung vor ihm und trat gegen ihn auf; der andere Theil, erbittert darüber, daß der Papst seine Macht auf die schonungsloseste Weise gebraucht hatte, erklärte sich für den Kaiser und war entschlossen, diesem für die erlittene Un- bill Rache zu verschaffen. In diesem Kriege blieb Heinrich nach langem und blutigem Kampfe Sieger. Als er hier fertig war, ging er nach Italien, um den Papst zu züchtigen. Dieser mußte fliehen, und Heinrich konnte einen Plann nach seiner Wahl auf den Stuhl Petri erheben. Bald darauf, im Jahre 1085, starb Gregor in Salerno. Sein letztes Wort war: „Ich habe Gerechtigkeit geliebtund Unrecht gehasset; darum sterbe ich in der Verbannung." Wenige Jahre Darauf starb der Kaiser Heinrich, verrathen von seinen eigenen Söhnen. Seine Leiche blieb fünf Jahre lang unbeerdigt auf einer Insel stehen, weil er mit dem Banne belastet gestorben war. Ein mitleidiger Plönch aus Jerusalem sang Tag und Nacht Bußpsalmen am Sarge des Kai- sers, bis der Bann gelöst und die Leiche feierlich im Dom zu Speier beigesetzt wurde. Gregor hatte ein Leben voller Kampf und Unruhe gehabt; seine Nach- folger ernteten die Früchte seiner Arbeit. Es war die Folge von Gregors Wirken, daß ein deutscher Kaiser dem stolzen Papste den Steigbügel halten und ein englischer König ihn als seinen Richter anerkennen mußte. Sgiietoceiik 110. Am augenfälligsten trat es bei Innocenz Iii hervor, welche un- geheure Macht jetzt in den Händen des Papstes war. Seine Stimme richtete und ordnete durch ganz Europa: den König von Frankreich zwang er , seine verstossene Gemahlin wieder aufzunehmen , den König von Portugal, einen willkürlich einbehaltenen Zins zu entrichten; den König von England erklärte er wegen einer Widersetzlichkeit des Thro- nes verlustig und gab ihm das Reich erst wieder , nachdem derselbe knieend Busse gethan; in Ungarn und Schweden schlichtete er den Streit zwischen zwei Thronerben; der Bulgarei und Aragonien gab er Könige. Solche Macht hatte noch kein Papst auf Erden geübt. Innocenz aber hat seine grosse Macht nicht gebraucht, seine Geldschränke zu füllen oder gemeiner Herrschsucht zu fröhnen , sondern die Macht der Kirche und

10. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 80

1867 - Rostock : Hirsch
80 ihre Herrlichkeit zu mehren. Mit beispielloser Kraft und Ausdauer hat er die Würde der Kirche aufrecht erhalten und der Welt gezeigt, dass es höhere Güter giebt, als Wohlsein des Fleisches, und stärkere Mächte, als die Macht des Schwertes. Er lebte fast ärmlich einfach, während er für Wittwen und Waisen stets eine offene Hand hatte. Er war strenge gegen andere, am strengsten gegen sich selbst. Den Geistlichen war er ein leuchtendes Vorbild in Erfüllung ihrer Pflichten. Aber er stand auf schwindelnder Höhe , wo das Auge leicht unsicher wird und nicht deut- lich scheidet zwischen dem, was aus dem Geiste, und dem, was aus dem Fleische kommt. Vor dieser Gefahr hat sich Innocenz nicht bewahrt. Er hat das Wort Christi: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt,“ nicht genugsam im Herzen erwogen; er hat das Reich Gottes und die Reiche der Welt mit einander vermengt und hat sich nicht gescheut, mit der Schärfe des Schwertes den wahren Glauben ausbreiten zu wollen. Das ist nicht die Gewalt, mit welcher man das Himmelreich an sich reisst. Aber wie er auch gefehlt hat, eins muss ihm immer zum Ruhme ge- sagt werden: er hat die Kirche bewahrt, dass sie nicht eine dienstbare Magd für die Mächtigen dieser Erde geworden ist. 13. Wie die abendländische Christenheit für den Herrn Christum das Schwert zog. Peter von Amiens. Als die Türken den Arabern die heilige Stadt Jerusalem ab- genommen hatten, bewiesen sie ihre Roheit gleich dadurch, daß sie die heiligen Orte der Christen beschimpften und die Pilger mißhan- delten. Mit Entsetzen vernahm die abendländische Christenheit, welche Greuel die Türken dort verübten, wo der Sohn Gottes ge- wandelt hatte. Der Eindruck war so mächtig, daß in tausenden von Herzen der Wunsch entstand, das heilige Land von den Un- gläubigen zu befreien. Aber es fehlte an Männern, die das Werk in die Hand nehmen konnten; darum ließ die Ausführung viele Jahre lang auf sich warten. Der Mann, der endlich die abend- ländische Christenheit gegen die Türken unter die Waffen rief, war Peter von Amiens. Dieser, früher ein Kriegsmann, dann ein Einsiedler, war von den Beschreibungen der Leiden, welche die Christen in Jerusalem zu erdulden hatten, so tief ergriffen worden, daß er Tag und Nacht den Gedanken daran nicht los werden konnte. Er machte sich endlich selbst auf den Weg und pilgerte nach Jerusalem, um sich persönlich von der Lage seiner dortigen Glaubensgenossen zu überzeugen. Entrüstet über alles, was er gesehen und selbst er- duldet hatte, kehrte er nach Europa zurück-und hatte von jetzt an nur das eine Ziel im Auge, die Völker des Abendlandes zu ei-
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